Mittwoch, 12. Juni 2013

"Als ich ein kleines, verliebtes Mädchen war" oder "Wenn ich das noch hätte..."

Ich habe gerade in anderen "Was hätte ich gern wieder"-Beiträgen geschnuppert, was denn so an Ideen und Werkzeugen vermisst und erwähnt wird. Nachdem ich diesen Artikel gelesen habe, schoss mir ein nostalgischer Gedanke durch den Kopf, der mich zu diesen Post verleitet hat.
Ich fang mal mit meiner kleinen Geschichte an.

Als ich damals elf war, zogen wir in eine andere Stadt, da mein Papa eine neue Arbeitsstelle hatte. In der neuen Wohnung bezog ich endlich mein eigenes Zimmer und musste es mir nicht mehr mit meinem jüngeren Bruder teilen. Ich bekam allerhand neue Möbel und spannende Elektronik in mein Zimmer gestellt. Aber auch etwas Altes, das nun zu meinem neuen "Lieblingsspielzeug" wurde, fand hier seinen festen Platz - ein Kassettenrekorder. Man konnte zwei Kassetten hineinlegen und beispielsweise von der einen Kassette etwas auf die andere aufnehmen. Es gab auch ein Mikro und entsprechende Aufnahmen haben mir und meiner besten Freundin so manchen Nachmittag versüßt. Wir waren sogar mal eine ganze Nacht lang wach und haben eine eigene Radioshow aufgenommen, die ziemlich chaotisch und kindisch war, aber dennoch unvergessen bleibt. Noch heute lachen wir über unseren damaligen Witze.
Ein paar Monate später war ich das erste Mal verliebt und zwar in einen Jungen aus meiner Klasse. Wir schrieben uns Liebesbriefchen (seine habe ich alle noch!) und Zettelchen im Unterricht. Und eines Tages hatte ich die Idee, ihm ein Mixtape zu mischen. So richtig klassisch.
Ich meine, gibt es das heutzutage noch? Stellen Menschen anderen Menschen, die sie mögen, ihre Lieblingsmusik zusammen und fügen auch bedeutungsschwere Lieder ein, die vielleicht eine schüchterne Botschaft übermitteln sollen?
Ich erinnere mich, dass mein damaliger Lieblingsradiosender eine Wunschsendung im Programm hatte und die Radiomacher sogar immer vom Publikum gebeten wurden, die Lieder auszuspielen, damit sie komplett aufgenommen werden konnten. Und nach 10 Jahren ist auch diese romantische Geste verloren, obwohl so ein Tape ein sehr persönliches und aufwändiges Geschenk sein kann. Schade.

Jedenfalls habe ich mir verschiedene Kassetten aus der Bibliothek ausgeliehen und mir einige Lieder rausgesucht. Ich erinnere mich an ein Lied, dass mir besonders gut gefallen hat, auch wenn ich nicht viel damit anfangen konnte: Schrei nach Liebe von den Ärzten. Immer wenn ich dieses jetzt Lied höre, muss ich an diese Zeit zurück denken.
Ich stellte also eine komplette Kassette aus Radioaufnahmen sowie kopierten Liedern zusammen und sprach sogar zwischendurch ein paar Sätze ein, um dem Mixtape noch eine persönliche Note zu geben. Außerdem sollte mein Schwarm ja nicht vergessen, von wem er dieses Geschenk bekam. Es machte unheimlich viel Spaß, etwas selbst und nur nach den eigenen Wünschen zu gestalten.

Leider habe ich die meisten Kassetten nicht mehr und sie auch nach mehreren Suchaktionen im Nostalgiewahnsinn nicht gefunden. Mir fällt nichts ein, mit dem ich sie damals hätte speichern können. Ich dachte wirklich, die Kassetten würde ich für immer behalten. Und es gibt bestimmt kein Tool, dass meine Aufnahmen zurück bringen könnte. Aber ich hätte sie wirklich SO gern wieder.
Denn zwischen all den neuen, funkelnden Spielzeugen, wie Smartphones, Tablets, Ultrabooks und Co sind es trotzdem oft die älteren Dinge, beispielsweise eine Schreibmaschine, die ersten Spielkonsolen-Generationen oder eben vererbte Kassettenrekorder und ihre kindischen Aufnahmen, die wir spannend finden, weil sie uns an eine schöne Geschichte erinnern.

Bis bald,
Nici

P.S.: Das Mixtape habe ich übrigens nie abgegeben, weil ich viel zu feige war. Wer weiß also, wo es in diesem Moment herumliegt, verstaubt und somit ungehört bleibt.

P.S.S: In einer "persönlichen" Seminarstunde hätte ich diese Geschichte wahrscheinlich niemals erzählt ;)

3 Kommentare:

  1. "In einer "persönlichen" Seminarstunde hätte ich diese Geschichte wahrscheinlich niemals erzählt ;)"

    ... aber wir sind ja hier unter uns. Hier im Internet. Willkommen im Themenblock 3 ;)

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  2. Es geht ja nicht darum, dass es mir zu privat oder unangenehm gewesen wäre. Eher darum, dass man in einer großen, anonymen Gruppe nicht so oft und ausführlich Gedanken teilt, die man selbst eher als unscheinbar und uninteressant empfindet. Im Seminar diskutiert man mehr, als solche persönlichen Geschichten heraus zu lassen. Die Gedankengänge sind völlig andere und schweifen nicht so ab. Und man weiß nicht sicher, ob es da überhaupt angemessen ist, sowas zu erzählen.
    Hier schreibe ich nur für mich, was ich denke, ohne Scheu und lass meine Gedanken gerne fließen. Hier möchte ich ehrlich sein, damit ich auch für mich selbst dem Thema näher komme. Und mir wird dadurch immer öfter klar, wie alltäglich die Themen des MOOCs sind.

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    1. Danke dafür! Der Beitrag zeigt umso mehr, dass wir Studenten doch mehr zutrauen können als "was muss ich für den Schein machen?".

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